D: MARKUS OBERNDORFER - ÄSTHETISCHE VERBLENDUNG:
Ausgehend von der temporären Aneignung einer „Jäger“ Werbetafel, die mitten in der Landschaft auf den aktuellen und früheren Kraftwerksbau verweist, beschäftigt sich meine Serie „Almost Nature“ mit dem Naturbegriff. Die wie eine Bildunterschrift in die Landschaft und den fotografischen Ausschnitt eingepflanzte, als Frage zu verstehende, Behauptung „Beinahe Natur“ ist dabei der Versuch eines Anstosses zur bewussten Auseinandersetzung mit der Umgebung und unserer Rede über Natur.
"Für den Menschen, der als Wesen der Natur zur Kultur fähig ist, gilt das Meer ebenso als Natur, wie die (Kultur-)Landschaft vor den Toren der Stadt, während der agroindustrielle Acker als beider Gegensatz betrachtet werden. Solche Trennung steht unter der Macht ästhetischer Verblendung, die mythisch trennt, was sich in einer unaufhebbaren Überlagerung von Natur und Kultur in hybriden Gestalten stets aufs Neue herausbildet." 1 Davon ausgehend stellt sich mir die Frage: Ist nun alles, was uns umgibt, nur beinahe Natur? Oder ist vielmehr alles — also auch der Mensch und sein Werk — Natur und nur die ästhetisierte Vorstellung von dem, was sie für uns zu sein hat, Grund dafür, dass überhaupt gefragt werden muss? Deutlich wird, dass das Sehnen nach einem Ort an dem nicht Arbeit im Vordergrund steht, sondern eine von rationalen Zwängen befreite Stimulation der „Sinne“ und des Leibes durch ergreifende Atmosphären der Natur 2 (die sich in ihren wirkenden Kräften an der dinglichen Welt ausdrücken), die Rede des Menschen über Natur und seine Befindlichkeit beherrscht.